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Ein intensiv engagierter Vollblut-Bergsteiger-Geologe-Buchautor

In Memorian Toni Labhart (1937 – 2025)

Die letzte Seillänge gingen die beiden gemeinsam, Toni Labhart und seine Frau Daisy. Am 6. Januar 2025, hin zum Gipfel ohne Abstieg, nahe am Himmel. So war es ihr gemeinsamer Entschluss, nach dem die letzten zurückliegenden Etappen ihres Lebensweges derart schwer und belastend geworden sind, Toni erblindet und beide mit schwerwiegenden Altersbeschwerden. Es brauchte Weisheit und Mut, es nicht auf ein mühseliges weiteres Hinschleppen ankommen zu lassen, sondern gemeinsam zu beschliessen: Es ist gut jetzt.

Adieu, ihr beiden!

Hier, im Rahmen des SAC Bern, soll das Gedenken an Toni seinen Platz haben, weil er für den SAC und den Bergsport ganz allgemein derart viel geleistet hat.

Toni Labhart, 2009 © Wikipedia

Toni, geboren 1937, war seit seiner Jugendzeit den Bergen und bald auch dem SAC innig verbunden. Seine Begeisterung galt einerseits dem Bergsport in all seinen Spielarten, andererseits dem Baumaterial der Berge, den Gesteinen und der Geologie. Beides begleitete ihn durch das ganze Leben, beidem widmete er sich mit unglaublicher Energie, Kompetenz und nie endender Begeisterung. Wobei die Geologie dann doch den grösseren Raum einnahm in seinem Wirken, und das Bergsteigen oft einfach eine Begleiterscheinung seiner geologischen Arbeiten in den Alpen war. Denn mit Ausnahme einer frühen Expedition nach Grönland blieb sein geologischer Arbeitsfokus immer die Alpen.

Toni trat im Jahr 1954 in die JO der SAC Sektion Bern ein. Er blieb dem SAC treu als Mitglied bis zu seinem Ableben, mithin 71 Jahre.  Was zwar sehr beachtlich ist, aber im SAC auch keine herausragende Ausnahme, denn, wie sagte Alt-SAC-Präsident Franz Stämpfli einmal: «Aus dem SAC tritt man nicht aus, aus dem SAC stirbt man».

Herausragend jedoch waren das Engagement und die Leistungen, welche Toni für den SAC erbrachte:

  • In der Sektion engagiert er sich sehr früh in verschiedenen Funktionen. Von 1975 – 1978 war er deren Vizepräsident und engagierte sich als Vorreiter für die Fusion mit dem Frauen-Alpenclub SFAC Bern. 1979 – 1981 leitete er dann die Sektion als Präsident. 2004 wurde er zum Ehrenmitglied der Sektion ernannt, im Jahre 2015 dann zum Ehrenmitglied des Gesamtverbandes.
  • Schon früh war ihm der an sich schon seit 1912 in den SAC-Statuten verankerte Schutz der Gebirgswelt wichtig, und so war es durchaus folgerichtig, dass Toni im Jahr 1984 die damals neu geschaffene Teilzeit-Stelle an der SAC-Geschäftsstelle als «Beauftragter für den Schutz der Gebirgswelt» erhielt. Toni setzte sich dann 12 Jahre lang mit sehr viel Herzblut, Fachkompetenz und Mut für alpine Umweltanliegen ein, teilweise konfrontiert mit einem Zentralvorstand, welcher die eigenen SAC-Umweltgrundsätze nicht wirklich ernst nehmen mochte, und Toni mehrmals ziemlich im Regen stehen liess. Das war wohl mit ein Grund, dass er dieses Engagement dann 1996 beenden wollte. Als sein damaliger Nachfolger staunte ich bei der Übergabe, die Toni mit grosser Sorgfalt – wie alles, was er tat – vorbereitet hat, über die Menge an Dossiers und Fällen, welche er bearbeitet und sorgfältig dokumentiert hatte.
  • Toni war Mitglied der Kommission, die das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) erstellte, das seit 1977 rechtsverbindlich ist. Später ging dann die Aufnahme der alpinen Schwemmebenen und Gletschervorfelder in das Bundesinventar der Auengebiete von nationaler Bedeutung im Wesentlichen auf seine Initiative und Mitwirkung zurück .
  • Etwas um die gleiche Zeit herum begann Toni, für die SAC-Tourenführer einleitende Kapitel über die Geologie der jeweiligen Tourengebiete zu verfassen. Er tat dies mit viel Sorgfalt und in einer für Laien gut verständlichen Sprache – eine ideale Verbindung von Bergsport und Geologie. Diese Texte stellen einen heute leider zu wenig zugänglich gemachten Schatz dar.
  • Toni war die Vermittlung von Wissen und Freude über die Geologie seit Anbeginn ein grosses Anliegen. Dies konnte er sowohl als Gymnasiallehrer in Köniz und im Neufeld als auch als Hochschuldozent an der Uni Bern umsetzen. Besonders wollte er aber an der Geologie interessierte Nicht-Fachleute für die Geologie und die Alpenbildung begeistern. Dies tat er im Rahmen von unzähligen Kursen, Vorträgen und Exkursionen bis ins hohe Alter. Er hatte eine grosse Begabung, geologisches Wissen in Geschichten und Anekdoten zu verpacken und immer alles auch mit seinem unvergleichlichen Humor zu würzen. Sein grösster «Coup» in diesem Bereich war sicher sein Werk «Geologie der Schweiz», welches Ende 70er-Jahre erstmals als eines der damals bekannten kleinen Hallwag-Taschenbücher erschien. Seither kam es in insgesamt 9 weiteren, ständig verbesserten und erweiterten Auflagen heraus, zuletzt 2015 zusammen mit dem jüngeren Kollegen Christian Gnägi. Nicht nur für Amateure war «Der Labhart» treuer Begleiter in geologischen Fragen, auch für ganz viele Geologie-Studierende bildet er einen wichtigen Einstieg in die Geologie der Schweiz. So leistete Toni auch für alle an der Geologie interessierten Bergsteiger und Bergsteigerinnen (…das sollten ja eigentliche alle sein…) Unschätzbares!

Dies alles wurde im SAC auch erkannt und anerkannt. Zuerst wurde Toni von der Sektion Bern, und 2015 auch vom Gesamtverband zum Ehrenmitglied ernannt.

Was hier nur am Rande gestreift werden soll, sind seine Verdienste für die Geologie als Wissenschaft. Toni begeisterte viele Studierende auf Exkursionen und an der Universität für die Geologie, betreute zahlreiche Studierende, er kartierte grosse Gebiete des Aarmassivs für die Landesgeologie, und vor allem: er war immer offen für junge Nachwuchs-WissenschaftlerInnen, teilte sein Wissen und seine Erfahrungen mit ihnen und stellte sich gerne auch kontroversen Diskussionen.

Lieber Toni, Du warst, um einen Deiner Lieblingsbegriffe zu verwenden, ein «Bischüggeli», und so bleibst Du uns in Erinnerung!

Jürg Meyer

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