Bergpionierin wird 100 Jahre alt
Wir gratulieren unserer Altpräsidentin und Ehrenmitglied Verena Gurtner zum 100. Geburtstag
Verena durfte am 6. Mai 2022 bei guter Gesundheit, aktiv und wach ihren 100. Geburtstag feiern. „Gut, dass das nun vorbei ist“, meinte sie bei unserem kürzlichen Besuch in ihrem elterlichen, 120-jährigen Haus in Goldswil bei Interlaken. Sie will und braucht immer noch keine Hilfe im Haus und im grossen Garten. Ein einfacher Wanderstock genügt ihr, um im Lädeli gleich um Ecke ihre Besorgungen zu machen. Die Brille braucht sie wohl nur zum täglichen Lesen der Neuen Zürcher Zeitung NZZ. Für Gesellschaft sorgt ihr „Foxli“, ein Foxterrier, den sie vor 13 Jahren aus dem Hause Porsche (ja, die mit den schnellen Autos) in Stuttgart übernehmen konnte.
Bei Kuchen und Tee erzählte Verena aus ihrem ausserordentlichen und abwechslungsreichen Leben. Von Widerständen, die sie als Frau im und nach dem zweiten Weltkrieg zu überwinden, von Herausforderungen, die sie zu meistern hatte. So zum Beispiel, als ihre erste Doktor-Arbeit an der Uni Bern vom Mentor mit einem Satz: „Kann ich nicht akzeptieren“ abgetan wurde. „Er war halt Kommunist und ich nicht“, meinte Verena dazu nur lakonisch.
Aber auch von glücklichen Fügungen berichtete sie uns. Wie ein junger Münchner an die Uni kam ist eine besondere Geschichte, die nun 80 Jahre später von der traurigen Realität eingeholt wird. Als Student wurde er von Nazi-Deutschland als „Kanonenfutter“ an die ukrainische Front geschickt, desertierte, kam zurück nach München, wo ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt wurde, floh mit einem gestohlenen Flugzeug in die Schweiz, wurde als Staatenloser hin- und hergeschoben und landete schliesslich an der Uni Bern. Zusammen mit einem Sohn aus dem Königshaus Siam – dem heutigen Thailand – bildeten sie ein unverbrüchliches Studenten-Trio. Als Prokuristin der Firma Hallwag kam Verena dann viel in der Welt herum. Sie erzählte von ihrem Unbehagen im jungen, angefeindeten Israel, von den Unwägbarkeiten in der Sowjetunion, von den Erlebnissen in New York… Wir hätten stundenlang zuhören können.
Ihre Herzensangelegenheit war der Journalismus im weitesten Sinn. Sie verfasste „Geschichtsbücher“ über einige Bergbahnen der Schweiz (u.a. Jungfrau, Pilatus, Lötschberg, Gornergrat). Dabei war ihr technisch-mathematisches Flair – wie übrigens auch bei ihrer zweiten und erfolgreichen Dissertation – sehr hilfreich. Als Redaktorin der Zeitschrift „Nos Montagnes“, dem Pendant des Frauen Alpen Clubs SFAC zu den „Alpen“, profitierte auch der Club. Auch die Festschrift „50 Jahre SFAC Bern“ stammt aus ihrer Feder. Sie war in den Jahren 1971 bis 1976 Präsidentin der SFAC-Sektion Bern und wurde 1977 zum Ehrenmitglied ernannt.
Beim Abschied dankte uns Verena mit viel Freude für unseren Besuch, der Sektion für die überbrachten Glückwünsche und lässt alle, die sie kennen, herzlich grüssen.
Elisabeth Duttli und Kurt Wüthrich
Thomas Häsler
says:Wir gratulieren unserer Verwandten herzlich und hoffen dass es ihr gut geht.
Andres Häsler
says:Neulich habe ich „Gornergrat retour“ wieder gelesen. Ich bin fasziniert über eine für ein Sachbuch heute leider in diesem Bereich kaum mehr anzutreffende sprachliche Fertigkeit und Präzision. Geschichte, lokale Persönlichkeiten, Landschaften, Flora, Fauna und nicht und nicht zuletzt die Elektrotechnik werden (der Bahnen) werden auf engstem Raum detailliert und kompromisslos präzise dargestellt und zeugen von einem tiefen physikalischen Verständnis.