5.-11. Februar 2006 Tourenlager Berninagebiet / Rifugio Saoseo
Archivbericht
Montag
Nachdem wir am Vortag die wohl längste Schweizerreise (ca. 7h) hinter uns gebracht hatten, waren alle voll motiviert für die erste Tour in die Höhe. Unser gut eingerichteter Winterraum des Rifugio Saoseo ist nun Ausgangspunkt für eine Woche Skitouren im abgelegenen, aber landschaftlich reizvollen Val Camp.
Nach individuell zusammengestellten Morgenessen( Trocken-Kondens- oder gar keine Milch) ging’s los ins Val Mera.
Dort blies uns ein kräftiger Wind entgegen, der zusammen mit Schnee eine erfrischende Gesichtsmassage bewirkte. Ohne lange Pausen stiegen wir im Zickzack auf, mittlerweile verwöhnte uns auch die Sonne mit ein paar Strahlen. Bis zum Gipfel waren noch wenige Meter zu Fuss zurückzulegen. Dann war der Genuss fast perfekt: vor uns ein bekanntes Panorama mit Piz Palü, Bernina und Gletschern, dazu Blicke auf italienische Gipfel und hinunter ins Val Poschiavo. Nur der liebe Wind vertrieb uns bald wieder vom Höhepunkt.
Vor allem unser einziger Snowboarder Benjamin bekam dies zu spüren, er überliess seine Jacke dem Hüttenwart, und musste die Tour nur im Faserpelz durchstehen.
Auf der Abfahrt wurden unsere Skier reichlich vom Geröll zerkratzt, was bei der spärlichen Schneedecke nicht erstaunte.
Als Auflockerung gab’s zwischendrin eine Barryvox-Übung, bei welcher einige von uns über die Genauigkeit der Geräte staunte. Nur das Suchtempo liess noch zu wünschen übrig, die vergrabenen Geräte wurden zwar alle gefunden, aber eben: nur Übung macht den Meister…. Durchs Tal ging’s nun zwischen grossen Felsblöcken und Baumstrünken hinunter zur Hütte. Bald schon machte sich die halbe Teilnehmerschaft ans Kartoffel schälen und schneiden; die 3kg als Aelplermakronen-Zutat gedacht, verlangten vollen Kücheneinsatz. Geschmeckt hat’s auf alle Fälle – die Reste tags darauf auch!
(Martin)
Dienstag
Nachdem wir mehr oder weniger ausgeschlafen aufgestanden waren, keimte beim Frühstück eine kleine Opposition gegen das Milchpulver auf, allen voran Beni. Nachdem wir losgelaufen waren und merkten, dass der Wind nur halb so stark war wie am Montag (Beni vergass diesmal die Jacke nicht), erreichten wir nach 3 anstrengenden Stunden und einem Abstecher nach Italien den Pix Coulffine. Für ein Stück der Abfahrt teilte sich die Gruppe: Die einen fuhren unter Leitung von Michaela durch ein steiles Bruchharst-Couloir (das eigentlich nur Beni gefiel), während die anderen mit Sämi den Aufstiegsspuren nach unten folgten. Um den „Österreicher“ zu üben, fuhr Wolfgang in einen Graben, um anschliessend von Michaela wieder hochgezogen zu werden. Anschliessend gab es ein „Wächtenspringen“ und die Gruppe fuhr über einen kriminellen Waldweg zur Hütte. Dort machten Sämi, Michaela, Wolf, Marianne und Martin noch einen 1,5 stündigen Aufstieg zu einem kleinen Plateau.
Nach einem feinen Couscous gab es noch Lawinenkunde für alle.
(Wolf)
Mittwoch
Eigentlich wäre am 3. Tag jeweils Ruhetag geplant… da wir jedoch noch so fit waren und uns zudem die überaus präzise 😉 Wettervorhersage einen Strich durch die Rechnung zu machen schien, verschoben wir die lange Tour auf den Corn da Camp von Donnerstag auf heute.
Um 6.30 Uhr wurden wir aus den kratzenden Wolldecken gerüttelt, genossen kurz unser tägliches Müesli mit Kondensmilch und marschierten dann bald darauf ab, Richtung Val Mera.
Diesmal verschonte uns der garstige Wind, stattdessen zeigte sich die Sonne von ihrer besten Seite.
Nach ca.2 Stunden wurde der Schnee immer härter, der Weg steiler und so beschlossen wir, die Harscheisen zu montieren. Weiter ging’s, nun ohne gross zu rutschen zu unserem angepeilten Pässchen, welches wir überschreiten mussten um auf die andere Seite des Corn da Camp zu gelangen. Denn von hier aus schien dieser riesige Felsblock ohne viel Schnee beinahe unbezwingbar.
Da das letzte Stück nun derart steil und eisig war, zogen wir die Skier aus und legten das letzte Stück zu Fuss zurück. Einige mussten dabei bereits ein erstes Mal gegen Ihre Höhenangst ankämpfen: einfach nicht runterschauen war die Devise. Unsere Leiter hingegen schienen nicht genug zu bekommen von diesem Hängchen, (oder wollte Sämi etwa nur beweisen, dass er als Mann doch noch stärker war als Michaela? 😉 und rannten mit Pickel nochmals hinunter und hinauf.
Da wir noch vor derselben Gruppe waren, die uns im letzten Jahr unterhalb des Piz Lucendro, als Sämi eine Spur pickelte, gütigerweise ihre Harscheisen anbieten wollten, erhielt er nun seine Revanche und konnte diese voller Genuss fragen, ob sie diesmal wohl unsere Harscheisen benötigten?
Voller Genugtuung zogen wir also weiter, mussten wegen einer Felskette (zum grossen Widerwillen des Snowboarders Benj)ein Stück runterfahren und noch ein bisschen mehr Höhenmeter zurücklegen.
Vorbei an mondlandschaftähnlichen Schneebildern, gelangten wir Schritt für Schritt höher und genossen den blauen Himmel, Sonne und Schnee.
Da wir bereits 4 Stunden am Aufsteigen waren, begannen einige Müde zu werden. Dennoch stiegen wir unbeirrt weiter. Unterhalb des Camp angelangt, mussten wir feststellen, dass das Couloir zum Gipfel nicht existierte oder, dass es schlicht und einfach zu wenig Schnee hatte, um auf diesen Berg zu gelangen.
Kurz entschlossen führte uns Michaela daher zum nächsten Gipfel, dem Piz Parasidin.
Doch auch dieser war nicht ganz einfach zu bezwingen. Erneut mussten wir die Skier auf den Rucksack binden, kletterten Felsen entlang und zogen uns am Seil hoch, das Michaela von oben herunterwarf.
Oben angelangt belächelten wir die andere Gruppe, die vergeblich versuchte, mit Steigeisen am Camp hoch zu kraxeln und stärkten uns schliesslich mit Schoggi, Biberli und andern feinen Sachen.
Nochmals montierten wir nun die Harscheisen, marschierten, soweit’s mit den Skiern ging weiter und machten unterhalb des Piz Parasidin ein Skidepot. Den letzten Steilhang pickelte uns Sämi Tritte in den Schnee und wir kamen sage und schreibe alle oben an! Welch ein Panorama! Die Strapazen hatten sich gelohnt, auch wenn einige von uns nun nicht mehr sicher waren, wie sie wieder herunterkommen würden.
Doch glücklicherweise trugen unsere verantwortungsbewussten Leiter ein Seil mit sich. So bildeten wir zwei Seilschaften und stapften psychisch gestärkt zurück zu unserem Skidepot.
Nun gab’s eine kurze Abfahrt zu einem sehr steilen Couloir. Erneut waren wir froh um das Seil und die sichere Handhabung unserer Leiter. So wurde mit den Skiern eine Sicherung im Schnee gebaut und einer nach dem andern durfte angeseilt das enge Couloir runterrutschen.
Schliesslich genossen wir endlich die langersehnte Abfahrt im „beinahe“ Pulverschnee, welche dann durch eine ruppige Wald-Slalom-Durchquerung abgerundet wurde.
Erschöpft aber glücklich und voller schöner Erinnerungen genossen wir anschliessend ein feines Cappuccino und die letzten Sonnenstrahlen in der Hütte. Dies war eine unvergessliche Tour!
(Marianne)
Donnerstag
Da heute „Ruhetag“ ist, dürfen wir ausschlafen (bis 8 Uhr!). Trotz leichtem Widerstand zwingt uns Sämi eine kleine Tour zu unternehmen (damit wir nicht ganz aus der Übung kommen) und so bahnen wir uns unsern Weg durch verschneite Lärchenwälder Richtung Dürgüral. Angesichts der fortschreitenden Müdigkeit dürfen wir nach 2h die Felle abziehen. Während die einen zum Rifugio zurükkehren, um sich dort bei einer Tasse Kaffee von der Sonne bescheinen zu lassen, steigt eine Vierergruppe noch weiter auf zum Pass da Sach. Trotz Sturmwind gelingt uns ein Foto mit Selbstauslöser und nach vielen, mehr oder weniger geglückten Schwüngen gesellen wir uns zu den anderen an die Sonne. (Leo)
Freitag
Wie bei der Planung angestrebt, machen wir uns am Freitag nach dem bekannten MilchpulverMüsli+Kaffe-Frühstück auf den Weg zum Passo Nero. Unsere Route, seit letzter Nacht mit rund 5cm Neuschnee geschmückt, führt zuerst nach bekanntem Stück (dem Weg entlang durch den Wald), nach circa einer Stunde neben dem Flaschenzug-Übungsplatz vom Dienstag und mit einem verschmitzten Lächeln an der vor uns gestarteten Gruppe vorbei. Nach der ersten Pause schreiten wir durch prächtige Hänge.
Der zum Pass gehörende Gipfel ist bei schönem Wetter und guter Sicht von nun an sichtbar.
Am geplanten Ziel (Passo Nero) angekommen, beginnen wir mit dem Aufstieg zum Gipfel. Leider diesmal ohne Seil und Gstältli ausgerüstet, spurt Sämi zuvorderst mit dem Pickel eine Spur durch den abgewehten und harten Schnee. Der starke Wind, die eisige Kälte und das mulmige Gefühl beim Gedanken an den Abstieg lassen uns frieren und zittern. Zuoberst angekommen klagt nicht nur Eine/R über die unangenehmen Bedingungen… Darum geht es nach den üblichen Gratulationen zum gemachten Aufstieg und einem Gipfelfoto auf schnellstem Weg wieder nach unten – „auf dem schnellsten Weg“, so wäre es aber nicht gedacht gewesen Wolfgang! (Er ist bei Nachahmungen von Sämis Kapriolen ausgerutscht und auf dem Rücken den letzten Teil unkontrolliert und nicht mehr bremsfähig über die Schneeschicht geflitzt)
Alle, zum Glück einmal mehr, wieder an der „Hiubi“ (im Windstillen) bereiten wir uns auf die Abfahrt vor. Die Vorbereitungen gehen unterschiedlich vor sich:
Einige Purzeln gemeinsam ein Stück den Schnee hinunter um sich mit den Bemühungen wieder hinauf zu kommen aufzuwärmen, die anderen essen etwas Kleines…
Die mit Abstand erklommenen Hangteile sind eventuell auch heikel für die Schwünge nach unten. Unnötige Risiken werden vermieden! Darum zieht Sämi eine Spur, welche nicht überschritten werden soll – wir haben aber auch mit dieser „Beschränkung“ mehrere hundert Meter perfekten Powder vor uns und verzieren den Hang mit unseren Schwüngen.
Nach diesem wunderschönen Tag wünscht man sich doch nur noch ein feines Abendessen! Geplant war hierfür Spaghetti mit einer Mascarpone/Baumnuss Sauce, welche von Benjamin und Wolfgang angegangen wurde. Die Nusssauce hielt knapp ihren Erwartungen stand, wurde aber leider von den klebrigen und weichen Teigwaren auf Diskussionsebene gesehen weit in den Schatten gestellt =/
Zum Schluss ging es ans Packen und anschliessend ins Bett – ein weiterer schöner Tag bleibt uns in Erinnerung!
( Benjamin)
Samstag
Zum Abschied reichte uns Bruno (Hüttenwart) noch allen die Hand und dank seinem freundlichen Gemüt und seinem Schneetöff konnten wir mit erträglich schweren Rucksäcken losmarschieren. Dennoch waren sie schwer genug, denn Michaela wollte uns noch zeigen wie sich ein „richtiges Marschtempo“ so anfühlen würde. Dankdem sind wir aber auch nicht steifgefroren und konnten unseren lieben Kollegen zeigen, dass eine Mammut Extreme-Ausrüstung einen auch nicht von alleine auf den Berg stellt. Es erwartete uns ein wolkenloser Sonnentag und eine „abwechslungsreiche“, letzte Abfahrt. Nach ca.2h haben wir den Pass „Forcula da Cardan“ erreicht und genossen die letzten Puver- und Bruchharsthänge! Je tiefer wir kamen, desto abwechlungsreicher wurde der Untergrund: von Steinen über Gras, Eis und Waldboden durften wir noch einmal alles auskosten, was unseren Skis noch den letzen Schliff verlieh…(Aurelia)
Bemerkung der Redaktion:
Im Namen aller Teilnehmer möchte ich unsern kompetenten, verantwortungsbewussten, motivierungsfähigen, aufgestellten und flotten Leitern Michaela und Sämi ein herzliches DANKE! aussprechen! Es war eine super Woche und wir werden viele unvergessliche Erlebnisse in Erinnerung behalten!